PHARMAZEUTISCHE MEDIZIN
 
                                    

Beispiele für Arzneimittelinteraktionen


Substanzen mit anticholinergen Effekten

Problematisch sind Substanzen, die potenziell anticholinerge Effekte haben. Die Unkenntnis dieser Zusammenhänge führt oft dazu, dass diese unerwünschten Arzneimittelwirkungen gar nicht erkannt, sondern mit weiteren Medikamenten symptomatisch behandelt werden.

Der Einsatz mehrerer Medikamente mit anticholinergen Eigenschaften, wie niederpotente Neuroleptika und atropinhaltige Augentropfen, sollte vermieden werden. Antiparkinsonmedikamente und trizyklische Antidepressiva (anticholinerge Wirkung) oder Neuroleptika (wie Olanzapin oder Quetiapin) können zum zentralen anticholinergen Syndrom oder zum Delir führen. Auch internistische Medikamente können anticholinerg wirken, z.B. Kortison, Antiemetika (wie Dimenhydrinat) und Kalziumantagonisten. Urologika sind ebenfalls betroffen.

Kombinationen von Substanzen, die gleichzeitig in den Elektrolythaushalt eingreifen, sollten sorgfältig überdacht werden. Die Kombination von ACE-Hemmer und kaliumsparenden Diuretika kann zu Hyperkaliämie und Delir führen. Serotonerge Pharmaka (z.B. Citalopram) können durch die Auslösung eines SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) eine erhöhte Sekretion des antidiuretischen Hormons in der Hypophyse  bzw. eine  gesteigerte Wasserretention mit Überwässerung und Hyponatriämie hervorrufen und damit ein demenzielles Syndrom oder ein Delir begünstigen. Bei gleichzeitiger Gabe von Diuretika (insbesondere von Thiaziden) mit serotonergen Pharmaka steigt das Risiko für Hyponatriämie nochmals an.


Substanzen mit Potenz zur

QTc-Zeitverlängerung

Kritisch sind unter anderem trizyklische Antidepressiva und solche Neuroleptika wie zum Beispiel Haloperidol, Ziprasidon, Quetiapin und Sulpirid zu beurteilen. Diese sollten in Kombination mit Substanzen, die die QTc-Zeit ( physiologische intraventrikuläre Erregungsdauer des Herzens) verlängern (beispielsweise Amantadin) kritisch hinterfragt werden.


Substanzen mit Erhöhung

des Blutungsrisikos

Serotonerge Pharmaka erhöhen das Blutungsrisiko in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern, neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) oder Phenprocoumonen.  Serotonin verstärkt die Blutplättchenaggregation. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) senken die Serotoninaufnahme aus dem Blut in die Blutplättchen und begünstigen somit die Blutungsneigung. In Kombination mit SSRI, Thrombozytenaggregationshemmern, NOAKs oder Phenprocoumon können auch Ginkgopräparate zur erhöhten Blutungsneigung beitragen. Die Kombination von Valproinsäure mit Acetylsalicylsäure (ASS) oder Antikoagulanzien erhöht ebenfalls die Blutungsneigung.


Substanzen mit Erhöhung des Sturzrisikos

(„fall risk increasing drugs“)

Hierzu gehören neben Antihypertensiva und Muskelrelaxanzien auch Benzodiazepine (Sedierung und Verminderung des Muskeltonus) und Antipsychotika bzw. Antidepressiva mit alpha-antagonistischer, also blutdrucksenkender Wirkung. Diuretika können durch Blutdrucksenkung, Störung von Nierenfunktion und Elektrolythaushalt ebenfalls das Sturzrisiko erhöhen. Es liegen Hinweise vor, dass bei Demenzkranken auch unter SSRI, dosisabhängig, erhöhte Sturzgefahr besteht.

Vorsicht gilt bei Kombinationen von Substanzen mit ähnlichen Rezeptorbindungsprofilen. Der Einsatz von trizyklischen Antidepressiva (wie Amitriptylin) oder Neuroleptika (wie Promethazin und Quetiapin) mit Antihypertensiva kann zu Blutdruckabfällen führen. Benzodiazepine müssen im Alter kritisch eingesetzt werden. Neben Sedierung und Sturzgefahr sowie dem Abhängigkeitspotenzial ist gelegentlich Depressiogenität zu beachten. Bei der Behandlung von Menschen mit Demenz kann der unkritische Einsatz von Benzodiazepinen zu organisch-affektiven Störungen führen, die letztlich als Verhaltensauffälligkeiten imponieren. Benzodiazepine können die Schlafarchitektur zerstören und eine zu behandelnde Schlafstörung verstärken.


Interaktionen mit Neuroleptika

Neuroleptika können Interaktionen mit anderen Substanzen hervorrufen. Die Kombination von Clozapin und Valproinsäure kann zur Neutropenie führen. Clozapin ist stark anticholinerg. Risperidon kann mit Alpha-1-Blockern (beispielsweise Tamsulosin) zu deren Wirkverstärkung führen, die Kombination mit trizyklischen Antidepressiva oder Betablockern kann extrapyramidalmotorische Störungen (EPMS) hervorrufen.


Interaktionen mit Lithium

Lithium sollte nicht mit Thiazid- oder Schleifendiuretika, nichtsteroidalen Antirheumatika, ACE-Hemmern oder Kalziumantagonisten kombiniert werden, um Lithiumintoxikationen zu vermeiden .


Interaktionen mit

Stimmungsstabilisatoren

Stimmungsstabilisatoren können verschiedenartige Arzneimittelinteraktionen hervorrufen. Die Gabe von Valproinsäure und trizyklischen Antidepressiva erhöht die Krampfbereitschaft. Die Kombination von Valproinsäure und Clozapin kann zu Veränderungen beider Plasmaspiegel führen. Lamotrigin und Valproinsäure können sich im Plasmaspiegel erhöhen mit Gefahr einer toxischen Epidermolyse.

 
 
 
 
E-Mail
Anruf
Karte
Infos